Archiv für den Tag: 28. Mai 2009

Erforderlichkeit eines Umzugs bei Geburt eines Kindes

Das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern hat in einem Eilverfahren entschieden (Beschluss vom 28.10.2008, Az.: L 8 B 299/08), dass bei der Geburt eines Kindes der Umzug in eine größere Wohnung erforderlich sein kann.

In dem entschiedenen Fall ging es um den Auszug eines 2-Personen-Haushalts (Mutter mit 4-jähriger Tochter) aus einer 58 qm großen Wohnung. Die Mutter erwartete ein zweites Kind und wollte deshalb in eine größere Wohnung umziehen. Die zuständige ARGE verweigerte ihre Zustimmung zu dem Umzug, weil dieser nicht erforderlich sei.

Das Gericht stellte klar: Die bloße Nichtausschöpfung der örtlichen Angemessenheitsgrenzen für die Wohnraumgröße mache bei ansonsten unveränderten Verhältnissen einen Umzug in eine teuerere Unterkunft zwar nicht erforderlich. Liege aber die Größe der alten Wohnung bereits unterhalb der Höchstgrenze für die bisherige Personenzahl, sei ein Umzug erforderlich. Nur wenn diese Grenze bereits von der bisherigen Unterkunft überschritten werde, beurteile sich die Erforderlichkeit eines Umzugs nach den Umständen des Einzelfalls; nur in derartigen Fällen bedürfte es einer Prüfung der Zumutbarkeit der bisherigen Unterkunft unter näherer Betrachtung deren Nutzungsmöglichkeiten anhand des Grundrisses und sonstiger Ausstattungsmerkmale. Hiernach sei im Falle einer Bedarfsgemeinschaft von zwei Personen, deren bisherige Unterkunft die maßgebliche Höchstfläche von 60 m² unterschreite, bei Eintritt einer weiteren Person, sei es durch die Geburt eines Kindes, durch die Aufnahme eines weiteren Familienmitglieds oder durch den Einzug eines Lebenspartners, regelmäßig ein Umzug in eine größere Unterkunft.

Dies bedeutet für Sie: Prüfen Sie, ob Ihre alte Wohnung schon jetzt kleiner ist, als der Wohnflächenhöchstwert für Ihre bisherige Personenzahl (In Hamburg: 2 Personen: 60 qm, 3 Personen: 75 qm, 4 Personen: 85 qm, 5 Personen: 97 qm, 6 Personen: 109 qm) Ist dies der Fall und kommt bei Ihnen eine weitere Person hinzu, ist ein Umzug erforderlich.

Erforderlichkeit eines Umzugs zur Ausübung des Umgangsrechts

Das Hessische Landessozialgericht hat entschieden (Beschluss vom 19.03.2009, Az.: L 7 AS 53/09 B ER), dass ein Umzug eines Hartz-4-Empfängers erforderlich ist, wenn er durch einen vernünftigen Grund gerechtfertigt ist. Dies ist der Fall, wenn der Umzug zur besseren Wahrnehmung des Umgangsrechts oder zur Aufrechterhaltung des Kontaktes mit dem eigenen Kind dient. Der Leistungsempfänger kann dann die Übernahme der neuen – angemessenen – Unterkunftskosten beanspruchen, auch wenn diese höher als diejenigen am früheren Wohnort sind.

In dem entschiedenen Fall ging es um die Frage, wann ein Umzug erforderlich im Sinne des § 22 Abs. 2 SGB II ist. Das Gericht stellte klar, dass hierbei maßgeblich ist, ob der Umzug durch einen vernünftigen Grund gerechtfertigt ist bzw. ob für den Umzug ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Anlass vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen, wofür auch die in der einschlägigen Gesetzesbegründung (BT-Drucks.16/1410 S. 23 zu Nr. 21) genannten Beispiele eines erforderlichen Umzugs sprächen: Umzug zur Eingliederung in Arbeit, aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen.

Für den Umzug des Hilfeempfängers lagen Gründe dieser Art vor. Er habe glaubhaft dargelegt, dass seine Frau, mit der zuvor in C. zusammengewohnt habe, sich Anfang Juni 2007 von ihm getrennt habe und zusammen mit der Tochter nach A. gezogen sei. Nach der Trennung habe er seine Tochter vier Monate lang nicht zu sehen bekommen. Dies sei nach vielen gescheiterten Bemühungen erst ermöglicht worden, nachdem er einen Antrag auf Regelung des Umgangsrechts beim Familiengericht eingereicht habe. Um bei seinen Bemühungen, wieder Kontakt zu seiner Tochter zu bekommen, nicht schon allein aufgrund der räumlichen Distanz zu der Tochter und zu den zuständigen Behörden und Gerichten zu scheitern, habe er sich entschlossen, nach A. zu ziehen. Diese Gründe seien plausibel, nachvollziehbar und vernünftig. Der Umzug an den Wohnort seiner Tochter versetze den Antragsteller eher in die Lage, seiner Verantwortung als Elternteil gerecht zu werden.