Alle Beiträge von Uwe Kruppa

ARGE muss zukünftig auch den Makler zahlen !

Wer sich bei der Wohnungssuche als arbeitslos outen muss, hat es oft schwer eine neue Wohnung zu finden.

In diesem Falle teilen Transferleistungsbezieher, Familien mit Kindern und Tierfreunde oftmals ein Schicksal. Sie sind vielfach ungern gesehene Mieter. Aus den Freistaat Bayern macht unter dem Aktenzeichen L 7 B 643/08 AS ER nun ein spannender Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz die Runde, über das sich Bezieher von ALG II freuen können.

Bisher wurden die Empfänger der Sozialleistung nach der Aufforderung, sie müssten sich eine den Umständen entsprechende neue Wohnung suchen, meist von der Behörde allein gelassen. Das Landessozialgericht entschied nun aber, dass die Argen für die Bezieher durchaus bis zu einer bestimmten Höhe für die Provision eines Maklers aufkommen müssen.

Und zwar dann, wenn die Arge einem Umzug bereits vorher zugestimmt hat oder beschieden hat, dass ein Empfänger beispielsweise als Neu-Bezieher von HARTZ IV in eine preiswertere/kleinere Wohnung umziehen müsse. Eine Aussage darüber, wie hoch eine angemessene Maklerprovision liegen dürfe, traf das Gericht jedoch nicht.

Gerade in den Fällen, in denen die Empfänger von Hartz IV jedoch anderweitig kaum eine zumutbare Wohnung finden werden, lohnt es sicher, mit dem zuständigen Sachbearbeiter auf Basis des neuen Urteils über die Kostenübernahme zu verhandeln.

Quelle

Bundestag beschließt Reform des Kontopfändungsschutzes

Der Deutsche Bundestag hat heute den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Kontopfändungsschutzes beschlossen.
Mit der Reform des Kontopfändungsschutzes wird erstmalig ein sog. Pfändungsschutzkonto(„P-Konto“) eingeführt. Auf diesem Konto erhält ein Schuldner für sein Guthaben einen automatischen Basispfändungsschutz in Höhe seines Pfändungsfreibetrages (985,15 Euro pro Monat bei Ledigen ohne Unterhaltsverpflichtungen). Dabei kommt es nicht darauf an, aus
welchen Einkünften dieses Guthaben herrührt. Künftig genießen damit auch Selbstständige Pfändungsschutz für ihr Kontoguthaben. Jeder Kunde kann von seiner Bank oder Sparkasse
verlangen, dass sein Girokonto als P-Konto geführt wird. „Mit dem P-Konto entbürokratisieren wir das Verfahren zum Pfändungsschutz und gestalten es deutlich einfacher. Künftig kann jeder Inhaber eines Girokontos automatisch Pfändungsschutz erhalten. Damit vermeiden wir, dass das Konto wegen der bestehenden Pfändung blockiert wird und die Bank deshalb das Konto kündigt. Ein Girokonto ist heutzutage die Voraussetzung für die Teilnahme am Arbeits- und Wirtschaftsleben. Vermieter sind häufig nicht bereit, Mietverträge abzuschließen, wenn der Wohnungsinteressent keine Kontoverbindung nachweist, Telefon- und Stromanbieter wollen ihre Rechnungen per Lastschrift von einem Konto abbuchen. Selbst der Arbeitsplatz hängt nicht selten davon ab, dass der Arbeitnehmer ein Konto nachweisen kann, auf das der Arbeitgeber das Gehalt oder den Lohn überweisen kann – die Lohntüte gibt es nicht mehr. Mit dem P-Konto sorgen wir dafür, dass Bürgerinnen und Bürger künftig nicht mehr wegen Kontolosigkeit vom bargeldlosen Zahlungsverkehr ausgeschlossen und in einen Schuldenkreislauf gedrängt werden“, erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
Nach bisheriger Rechtslage führt die Pfändung eines Bankkontos dazu, dass die anfallenden Zahlungsgeschäfte des täglichen Lebens wie Begleichung von Miete, Energiekosten oder Versicherungen nicht mehr über das Konto abgewickelt werden können. Um Pfändungsschutz für den pfändungsfreien Selbstbehalt des Kontoguthabens zu erlangen, braucht der Schuldner in vielen Fällen eine Gerichtsentscheidung. Häufig ist dies nicht rechtzeitig möglich, so dass Kosten für verspätete oder nicht ausgeführte Zahlungen anfallen. Erschwert wird der Pfändungsschutz dadurch, dass er bei Guthaben aus Arbeitseinkommen anders ausgestaltet ist als bei Guthaben aus Sozialleistungen. Der bisherige Pfändungsschutz führt daher bei Banken und Gerichten zu unnötig hohem Vollzugsaufwand.
Zu den Schwerpunkten der Reform im Einzelnen:
1. Automatischer Pfändungsschutz
Ein Kontoguthaben in Höhe des Pfändungsfreibetrages nach § 850c ZPO (zur Zeit 985,15 €) wird nicht von einer Pfändung erfasst („Basispfändungsschutz“). Das bedeutet, dass aus  diesem Betrag Überweisungen, Lastschriften, Barabhebungen, Daueraufträge etc. getätigt werden können.
=> Der Basisbetrag wird für jeweils einen Kalendermonat gewährt. Anders als nach geltendem Recht kommt es auf den Zeitpunkt des Eingangs der Einkünfte nicht mehr an. Wird der pfändungsfreie Anteil eines Guthabens in einem Monat nicht ausgeschöpft, wird er auf den folgenden Monat übertragen. In diesem Rahmen kann der Schuldner Guthaben für Leistungen ansparen, die nicht monatlich, sondern in größeren Zeitabständen zu erfüllen sind (z. B. Versicherungsprämien).
=> Auf die Art der Einkünfte kommt es für den Pfändungsschutz nicht mehr an. Damit entfällt auch die Pflicht, die Art der Einkünfte (Arbeitseinkommen, Sozialleistungen wie Rente, Arbeitslosengeld etc.) gegenüber Banken und Gerichten nachzuweisen. Auch das Guthaben aus den Einkünften Selbstständiger und aus freiwilligen Leistungen Dritter wird künftig bei der Kontopfändung geschützt.
=> Der pfändungsfreie Betrag kann durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen von Arbeitgebern, Schuldnerberatungsstellen und Sozialleistungsträgern (z. B. über Unterhaltspflichten und bestimmte Sozialleistungen) beim Kreditinstitut erhöht werden. Eine Erhöhung oder eine Herabsetzung des Basispfändungsschutzes ist außerdem in
besonders gelagerten Einzelfällen auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung möglich.
2. Pfändungsschutz nur auf dem P-Konto
Der automatische Pfändungsschutz kann nur für ein Girokonto gewährt werden. Dieses besondere Konto – P-Konto – wird durch eine Vereinbarung zwischen Bank und Kunde festgelegt.
Das Gesetz sieht vor, dass ein Anspruch auf Umwandlung eines bereits bestehenden Girokontos in ein P-Konto innerhalb von vier Geschäftstagen besteht. Die Umstellung wirkt
rückwirkend zum Monatsersten. Ein Anspruch auf die neue Einrichtung eines P-Kontos besteht allerdings nicht. Ab 1. Januar 2012 wird der Kontopfändungsschutz ausschließlich durch das P-Konto gewährleistet.
3. Besonderer Schutz für bestimmte Leistungen wie Kindergeld und Sozialleistungen
Kindergeld und Sozialleistungen – etwa nach dem Sozialgesetzbuch II – werden künftig bei ihrer Gutschrift auf dem P-Konto besser geschützt. Beträge müsse nicht mehr binnen sieben
Tagen abgehoben werden. Kindergeld wird zusätzlich geschützt. Es kommt also zum Basispfändungsschutz hinzu. Wertungswidersprüche zwischen Vollstreckungs-, Steuer- und Sozialrecht werden damit vermieden.
4. Pfändungsschutz für sämtliche Einkünfte Selbstständiger
Die Reform schafft einen besseren und effektiveren Pfändungsschutz für sämtliche Einkünfte selbstständig tätiger Personen, da das künftige Recht alle Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit wie Arbeitseinkommen und Sozialleistungen behandelt.
5. Vermeidung von Missbräuchen beim P-Konto
Jede natürliche Person darf nur ein P-Konto führen. Die Kreditinstitute werden ermächtigt, der SCHUFA die Einrichtung eines P-Kontos zu melden und bei jedem Antrag eines Kunden
auf Führung eines P-Kontos zu überprüfen, ob für diese Person bereits ein P-Konto besteht. Kreditinstitute holen bereits heute bei jeder Eröffnung eines Girokontos in der Regel eine
SCHUFA-Auskunft ein. Die Auskunft der SCHUFA gegenüber den Kreditinstituten soll nunmehr um das Merkmal „P-Konto“ erweitert werden. Die Kreditwirtschaft hat angekündigt,
von der erweiterten Auskunftsbefugnis auch Gebrauch zu machen, um zu einem möglichst lückenlosen Schutz vor einem Missbrauch des P-Kontos beizutragen. Die SCHUFA darf das zusätzliche Merkmal nur für die Bankauskunft verwenden, nicht für die Beantwortung von Anfragen zur Kreditwürdigkeit oder für die Berechnung von sog. Score-Werten. Flankierend zu dieser präventiven Maßnahme wird Gläubigern in Missbrauchsfällen ein zügiges Verfahren an die Hand gegeben, die Wirkungen weiterer P-Konten zu beseitigen.
6. Inkrafttreten
Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Damit die Kreditwirtschaft ausreichend Zeit zur Umstellung hat, ist ein Zeitraum von 12 Monaten zwischen Verkündung und Inkrafttreten vorgesehen. Voraussichtlich wird das P-Konto Mitte 2010 zur Verfügung stehen.
„Das P-Konto ist der richtige Weg. In der gegenwärtigen Situation sind viele Bürgerinnen und Bürger verunsichert, ob mit der Krise an den Finanzmärkten und in der Realwirtschaft mittelfristig auch ganz persönliche Schwierigkeiten verbunden sein werden. Arbeitslosigkeit kann insbesondere Familien schnell in die Überschuldung führen. Mit der Reform des Kontopfändungsschutzes setzen wir ein deutliches Zeichen, dass die ganz individuellen Belange der Bürgerinnen und Bürger gegenüber den globalen Fragen der Finanzkrise nicht in den Hintergrund treten“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
Beispielsfälle
1. Fall:
Das monatliche Nettoarbeitseinkommen in Höhe von 1000 Euro wird am Monatsersten auf das Girokonto eines alleinstehenden Angestellten überwiesen. Pfändung des Bankguthabens
am 15. Juni; es besteht ein Guthaben in Höhe von 1000 Euro.
a) derzeitige Rechtslage
Mit der Pfändung kann der Schuldner nicht mehr über sein Kontoguthaben verfügen. Der Pfändungsschutz, der für die Pfändung von Arbeitseinkommen beim Arbeitgeber gilt, ist von
der Bank bei der Gutschrift auf dem Bankkonto nicht zu berücksichtigen. Mit einem Antrag beim Vollstreckungsgericht kann der Schuldner aber eine Freigabe seines pfändungsgeschützten Arbeitseinkommens erreichen. Da die Pfändung (hier: 15. des Monats) nach dem Zahlungstermin (hier: 1. des Monats) liegt, kann der Schuldner aber nur eine anteilige Freigabe seines Kontoguthabens für die Zeit von der Pfändung (hier: 15. des Monats) bis zum nächsten Zahlungstermin (hier: 1. des Folgemonats) erreichen. Das Vollstreckungsgericht hat den Gläubiger zu dem Antrag zu hören. Es kann aber vorab schon die Pfändung des Guthabens teilweise aufheben, damit der Schuldner bis zum nächsten Zahlungstermin seinen notwendigen Unterhalt bestreiten und seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten erfüllen kann (§ 850k der Zivilprozessordnung).
Berechnung des pfändungsfreien und daher freizugebenden Betrages durch das Gericht:
Nettoeinkommen 1000,00 Euro
Pfändbarer Anteil des Arbeitseinkommens
(nach Tabelle zu & 850 c ZPO)
10,40 Euro
Pfändungsfrei (bezogen auf 1 Monat) 989,60 Euro
Pfändungsfreier Anteil für die Zeit vom 15. bis 30. Juni:
989,60 Euro x 15
30
= 989,60 Euro : 2 = 494,80 Euro
Pfändungsfrei ist ein Betrag in Höhe von 494,80 Euro und daher vom Gericht freizugeben.
b) künftige Rechtslage
Das Kreditinstitut berücksichtigt unabhängig vom Zeitpunkt der Pfändung einen pfändungsfreien Guthabensbetrag von 985,15 Euro auf dem P-Konto. Es bedarf keiner gerichtlichen
Entscheidung; eine zeitanteilige Berechnung entfällt. Der Schuldner hat – wie bisher – noch die Möglichkeit, weiteren Pfändungsschutz bei Gericht zu beantragen, z. B. wegen eines erhöhten Bedarfs aus persönlichen Gründen wie Krankheit etc.
2. Fall:
Wie Fall 1, aber der Schuldner ist verheiratet, hat ein Kind und verdient 1200 Euro netto.
a) derzeitige Rechtslage
Berechnung des pfändungsfreien und daher freizugebenden Betrages durch das Gericht:
Nettoeinkommen: 1200 Euro
Pfändbarer Anteil des Arbeitseinkommens
(Freibeträge nach & 850 c ZPO:
985,15 Euro für den Schuldner,
370,76 Euro für die Ehefrau und
206,56 Euro für das Kind = 1562,47 Euro
0 Euro
Pfändungsfrei (bezogen auf 1 Monat) 1200 Euro
Pfändungsfreier Anteil für die Zeit vom 15. bis 30. Juni:
1200 Euro x 15
30
= 1200 Euro : 2 = 600 Euro
Pfändungsfrei ist ein Betrag in Höhe von 600 Euro und daher vom Gericht freizugeben.
b) künftige Rechtslage
Das Kreditinstitut berücksichtigt unabhängig vom Zeitpunkt der Pfändung automatisch einen pfändungsfreien Guthabensbetrag von 985,15 Euro. Es bedarf keiner gerichtlichen Entscheidung; eine zeitanteilige Berechnung des Freibetrages entfällt. Kann der Schuldner seine Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und seinem Kind durch eine Bescheinigung seines Arbeitgebers, der Familienkasse, eines Sozialleistungsträgers oder einer Schuldnerberatungsstelle gegenüber dem Kreditinstitut belegen, hat dieses von sich aus einen pfändungsfreien Guthabensbetrag von 1200 Euro zu beachten. Der Schuldner kann aber auch eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts beantragen; dann hat die Bank auf der Grundlage der Gerichtsentscheidung den höheren pfändungsfreien Guthabensbetrag auf dem Konto zu berücksichtigen.
3. Fall:
Das Guthaben des Bankkontos eines selbstständig tätigen Unternehmers in Höhe von 1000 Euro wird gepfändet. Auf dem Konto werden nicht wiederkehrende Vergütungen für Dienstleistungen des Unternehmers gutgeschrieben.
a) derzeitige Rechtslage
Es besteht kein Pfändungsschutz, da die Vergütung nicht zu den bei der Kontopfändung geschützten Einkünften wie Arbeitseinkommen, Sozialleistungen etc. gehört.
b) künftige Rechtslage
Pfändungsschutz besteht in gleichem Umfang wie bei abhängig Beschäftigten. Auf die Darstellung zum künftigen Recht bei den Fällen 1 und 2 wird daher verwiesen.
Weitere Einzelheiten zum Gesetzentwurf finden sich unter www.bmj.de/p-konto.

Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 23.04.2009

Tafeln dienen nicht der Abwälzung staatlicher Verantwortung für die Sicherung des Existenzminimums

Das Sozialgericht Bremen hat es in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren für unzulässig erklärt, einen unstreitig mittellosen Hilfebedürftigen ausschließlich auf Leistungen einer Lebensmitteltafel zu verweisen. Die Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales (BAgIS) wurde daher zur darlehnsweisen Gewährung von Lebensmittelgutscheinen und eines Barbetrages verpflichtet, den der Antragsteller für die Begleichung des Fahrgeldes und die notwendigen Zuzahlungen bei notwendigen Arztbesuchen benötigt.

Hintergrund der Entscheidung war der Antrag auf Gewährung von Lebensmittelgutscheinen und Fahrgeld sowie die Übernahme notwendiger Arztkosten durch einen Antragsteller, der am 16.02.2009 aus der JVA H. entlassen worden war und der sich zurzeit eine Methadon-Therapie befindet, für die er Praxis- und Rezeptgebühren in Höhe von 20,00 Euro zahlen muss.

Am 24.02.2009 beantragte er bei der BAgIS eine Beihilfe für die Erstausstattung seiner Wohnung. Von der Antragsgegnerin erhielt er daraufhin einen Betrag in Höhe von 1.051,00 Euro ausgezahlt. Von diesem Betrag erwarb er entsprechende Einrichtungsgegenstände. Am 17.03.2009 sprach er bei der Antragsgegnerin mit der Begründung vor, er habe keine finanziellen Mittel mehr für seinen Lebensunterhalt. Er erhielt eine Bescheinigung für die Tafel in W., wo er noch am selben Tag Lebensmittel erhielt.
Am 19.03.2009 hat er dann den vorliegenden Eilantrag gestellt, dem die BAgIS mit der Begründung entgegen getreten ist, der Antragsteller habe bereits einen Lebensmittelgutschein für die W. Tafel erhalten. In der Regel erhielten dort Hilfebedürftige einmal in der Woche Lebensmittel. Die Ausgabe eines Lebensmittelgutscheins für einen Supermarkt komme hier nicht in Betracht, weil solche Gutscheine nur im Falle von Sanktionen 40 % aufwärts ausgestellt werden könnten. Auch die Übernahme von Fahrgeld und Arztkosten aufgrund der Substitution könne nicht übernommen werden. Fahrgeld sei Bestandteil der Regelleistung, die an den Antragsteller bereits ausgezahlt worden sei. Im Übrigen übernehme die Krankenkasse die mit der Substitution verbundenen Ausgaben. Sie verweist weiter auf einen Aktenvermerk der Antragsgegnerin vom 20.03.2009 über die persönliche Vorsprache des Antragstellers am 17.03.2009, aus der sich ergibt, dass der Antragsteller bei Bezug seiner Wohnung am 01.03.2009 eine anteilige Erstausstattung in Höhe von 766,90 Euro bewilligt bekommen hat. Die Regelleistung sei unter Berücksichtigung eines Entlassungsgeldes (610,19 Euro) in Höhe von 177,67 Euro bewilligt und per Scheck ausgezahlt worden. In dem Vermerk findet sich weiter der Hinweis, dass die Wohnung des Antragstellers komplett mit neuen Möbeln inklusive eines LCD-Flachbildschirms ausgestattet sei und ein vorrangiger Anspruch bei der Agentur für Arbeit auf Arbeitslosengeld I bestehe. In einer weiteren Stellungnahme der Antragsgegnerin zum Eilverfahren heißt es, dem Antragsteller seien unter Anrechnung des Entlassungsgeldes 284,29 Euro Regelleistung für die Monate Februar und März 2009 bewilligt worden.

Der Antragsteller hat auf telefonische Nachfrage des Gerichts erklärt, dass es tatsächlich sein Fehler gewesen sei, sich das Geld nicht besser eingeteilt zu haben. Allerdings habe er von der Antragsgegnerin keinen schriftlichen Bescheid über die Leistungsbewilligung erhalten, so dass für ihn nicht erkennbar gewesen sei, welcher Betrag für den Lebensunterhalt und welcher für die Erstausstattung vorgesehen sei. Fahrgeld bräuchte er, weil er bisher sowohl zur W. Tafel als auch zur Therapie in der Innenstadt (Tivoli-Hochhaus) von B. aus zu Fuß gegangen sei. Bei der Tafel habe er nur ein Brot, zwei Brötchen, eine Flasche Ketchup und vier Scheiben Wurst erhalten. Dies habe wohl daran gelegen, dass man eigentlich bei der W. Tafel 15,00 Euro im Monat Mitgliedsbeitrag zahlen müsse. Ohne einen Mitgliedsausweis erhalte man nur die Lebensmittel, die übrig blieben. Zum Glück habe er bei einem Bekannten mitessen dürfen. Heute Nachmittag werde er noch einmal zur Tafel gehen. Die Praxisgebühr müsse er für die Überweisung vom Hausarzt zahlen. Behandelt worden sei er diese Woche aus Medikamentenbeständen. Ihm sei aber deutlich gemacht worden, dass er ab Montag die Zuzahlungen leisten müsse. Herr Z. von der Straffälligenbetreuung hat auf telefonische Nachfrage erklärt, dass der Antragsteller mittellos sei. Er habe dem Antragsteller für die Vorsprache bei der BAgIS ein Schreiben mitgegeben, in dem um eine Erläuterung der Leistungshöhe gebeten wurde. Eine solche schriftliche Erläuterung habe der Antragsteller aber nicht erhalten. Das Sozialgericht hielt den nach § 86b Abs. 2 SGG statthaften Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für begründet.

Voraussetzung für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) ein Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Regelung (Anordnungsanspruch). Anordnungs-grund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Der Antragsteller konnte sowohl das Vorliegen eines Anordnungsan-spruchs, als auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft machen.

Der Anspruch des Antragstellers folgt aus § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Kann nach dieser Vorschrift im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen.

Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind erfüllt. Der Antragsteller hat seine Mittellosigkeit glaubhaft dargelegt. Sie wird auch von der BAgIS nicht bestritten. Ein Ermessen räumt die Vorschrift der Verwaltung insoweit nicht ein. Soweit die BAgIS meint, die Gewährung von Lebensmittelgutscheinen komme nur bei einer Sanktionierung ab 40 % in Betracht, ist eine solche Verwaltungspraxis – so sie denn tatsächlich besteht – offensichtlich rechtswidrig. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II spricht eindeutig auch von einer Leistungsgewährung als Sachleistung, was entsprechende Gutscheine einschließt.

Der BAgIS ist zuzugestehen, dass sie zu Recht darauf hinweist, die Hilfebedürftigen müssten mit den ihn gewährten Leistungen auskommen. Sie verkennt dabei aber, dass Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die unabhängig von den Gründen der Hilfebedürftigkeit besteht. Vor diesem Hintergrund ist es unzulässig, einem unstreitig mittellosen Hilfeempfänger aus letztlich pädagogischen Gründen ein Darlehen für Lebensmittel zu verweigern.

Unzulässig ist es aber auch, den Hilfebedürftigen in einer solchen Situation auf eine Lebensmitteltafel zu verweisen, ohne sicherstellen zu können, dass dort Lebensmittel in genügendem Maße vorhaben sind und verteilt werden können. Tafeln sind ein staatliche Hilfe ergänzendes Angebot; basierend auf dem Grundsatz ehrenamtlichen Engagements. Sie dienen nicht der Abwälzung staatlicher Verantwortung für die Sicherung des Existenzminimums. Vor diesem Hintergrund kann vorliegend dahinstehen, ob der Antragsteller tatsächlich überhaupt wusste, welcher Betrag für den Lebensunterhalt vorgesehen war. Da die Antragsgegnerin telefonisch nicht mehr erreichbar war, konnte sie zu dem Vortrag des Antragstellers insoweit nicht mehr gehört werden. Ohne Aktenkenntnis konnte das Gericht auch nicht überprüfen, ob die Gewährung einer nur anteiligen Erstausstattungspauschale zu Recht erfolgte und ob die Leistungen auch ansonsten in korrekter Höhe bewilligt wurden. Allerdings ist dies auch nicht Gegenstand des Eilverfahrens.
Soweit die Antragsgegnerin meint, der Antragsteller müsse keine Zuzahlungen zu seiner The-rapie leisten, irrt sie. Nach § 61 Satz 1 SGB V hat er bei Medikamenten eine Zuzahlung zwischen fünf und zehn Euro zu leisten. Die Pflicht zur Zahlung der Praxisgebühr folgt aus § 28 Abs. 4 SGB V. Diese Zuzahlungen sind bis zur Belastungsgrenze nach § 62 Abs. 1 SGB V zu leisten, die nach § 62 Abs. 1, Satz 2, Abs. 2 Satz 6 SGB V bei Versicherten, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II erhalten, bei nicht chronisch Kranken 2 % der jährlichen Regelleistung beträgt (sonst 1 %). Diese Vorschrift ist verfassungsgemäß.
Die Barzahlung in Höhe von 60,00 € ist für die notwendigen Zuzahlungen sowie die Fahrkarten von Bremen-Nord in die Innenstadt vorgesehen. Das Gericht ist dabei davon ausgegangen, dass der Antragsteller Fahrkarten der Tarifzone II benötigt. Sollte dies nicht der Fall sein oder er für den Rest des Monats weniger Fahrkarten benötigen, steht es ihm selbstverständlich frei, diese ohnehin nur darlehensweise gewährte Leistung nicht in Anspruch zu nehmen.
Sozialgerichts Bremen, Beschluss vom 20. März 2009 – S 26 AS 528/09 ER

Quelle

Kein ALG II (Hartz IV) für Haus­tie­re

Die Be­stim­mun­gen des So­zi­al­ge­setz­bu­ches II zum Ar­beits­lo­sen­geld II sehen, so das So­zi­al­ge­richt Gie­ßen in einer jetzt ver­öf­f­ent­lich­ten Ent­schei­dung, kei­nen Mehr­be­darf für die Hal­tung von Haus­tie­ren vor, so dass ein Be­zie­her von Ar­beits­lo­sen­geld II den mit der Hal­tung eines Tie­res ver­bun­de­nen Auf­wand aus der Re­gel­leis­tung be­zah­len muss. An­ders sieht dies je­doch mit den Ein­nah­men aus, die aus der Tier­hal­tung er­zielt wer­den, diese sind im Rah­men der Be­rech­nung der ALG II-​Hö­he zu be­rück­sich­ti­gen.

In dem jetzt vom So­zi­al­ge­richt Gie­ßen ent­schie­de­nen Fall hielt eine Fa­mi­lie mit vier Kin­dern zeit­wei­se über 40 Hunde, ein Pferd, ein Pony und eine Katze. Die Fa­mi­lie er­ziel­te aus dem Ver­kauf von Wel­pen mo­nat­li­che Ein­nah­men von etwa 2400 €, dazu kam Kin­der­geld sowie die fi­nan­zi­el­le Zu­wen­dung eines On­kels. Die Fa­mi­lie hatte Ar­beits­lo­sen­geld II be­an­tragt und dabei ar­gu­men­tiert, die Er­lö­se aus der Hun­de­zucht dien­ten zur De­ckung der Kos­ten für alle Tiere und könn­ten daher nicht als Ein­kom­men ge­wer­tet wer­den. Diese Ar­gu­men­ta­ti­on fand vor dem So­zi­al­ge­richt aber kein Gehör.

Bei den Er­lö­sen aus dem Ver­kauf der Hunde han­de­le es sich, so der Gie­ße­ner Rich­ter, um Ein­nah­men, die zu­nächst zur De­ckung des ei­ge­nen Le­bens­un­ter­halts zu ver­wen­den seien, bevor steu­er­fi­nan­zier­te Leis­tun­gen in An­spruch ge­nom­men wür­den. Eine Ver­wen­dung der Mit­tel für den Un­ter­halt der Tiere sei nach­ran­gig und erst nach voll­stän­di­ger De­ckung des Be­darfs der An­trag­stel­ler zu­läs­sig. Von den Ein­nah­men könn­ten daher nur die mit der Hun­de­zucht ver­bun­de­nen Be­triebs­aus­ga­ben, d. h. die Kos­ten für die Auf­zucht der Wel­pen und der El­tern­paa­re die­ser Wel­pen, ab­ge­zo­gen wer­den, alles an­de­re müsse aus der Re­gel­leis­tung be­gli­chen wer­den. Da das hier er­ziel­te Ein­kom­men den Be­darf der An­trag­stel­ler decke, be­ste­he kein An­spruch auf Leis­tun­gen nach dem SGB II.

So­zi­al­ge­richt Gie­ßen, Be­schluss vom 20.03.2009 – S 29 AS 3/09 ER

Quelle

Nachzahlung von Arbeitslosenhilfe nicht auf Hartz IV-Leistungen anrechenbar

Das SG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Nachzahlung von Arbeitslosenhilfe nicht als Einkommen oder Vermögen auf einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) angerechnet werden darf.

Die Klägerin hatte in einem Rechtsstreit gegen die Bundesagentur für Arbeit erreicht, dass diese ihr für die Jahre 2003 und 2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von rund 9.200,00 € nachzahlen musste. Die Klägerin, die inzwischen von der ARGE Düsseldorf Arbeitslosengeld II bezog, erhielt diesen Betrag im Jahr 2005 und beließ ihn fast vollständig auf ihrem Konto. Die ARGE kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin, die einige Vermögenswerte besaß, nun den Vermögensfreibetrag überschritten habe. Die ARGE hob ihre Bewilligung auf und forderte ihre Leistungen zurück.

Das SG Düsseldorf hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben.

Das Gericht ist der Auffassung, die Nachzahlung der Arbeitslosenhilfe ist zunächst als Einkommen anzusehen und stützte sich dabei auf den Grundsatz, dass Einkommen alles das ist, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er in der Bedarfszeit bereits hat. Die Nachzahlung sei aber eine zweckbestimmte Einnahme, die nach dem Gesetz nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden darf. Der Zweck bestehe darin, den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Ab dem Monat, der auf den Zuflussmonat folgt, handele es sich bei der Nachzahlung um Vermögen. Dieses sei aber ebenfalls gesetzlich geschützt, denn seine Verwertung bedeutet eine besondere Härte. Denn anderenfalls kämen die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit der Klägerin nicht zugute. Diese habe aber nicht zu verantworten, dass die Leistungen der Bundesagentur verspätet gewährt wurden. Das Gericht ließ offen, ob ein derart erworbenes Vermögen dauerhaft unangetastet bleiben darf.

Gericht/Institution: SG Düsseldorf
Erscheinungsdatum: 06.04.2009
Entscheidungsdatum: 09.03.2009
Aktenzeichen:

Quelle

S 35 AS 12/07

Anspruch einer mutmaßlichen Mutter auf Arbeitslosengeld II

Das SG Dresden hat einer portugiesischen Mutter, die sich mit einer anderen Frau um die Mutterschaft eines Babys streitet, Arbeitslosengeld II zugesprochen.

Die 33 Jahre alte Antragstellerin stammt aus Portugal und zog erstmals Anfang 2007 nach Dresden. Sie übte zunächst eine Vollzeitbeschäftigung aus. Später war sie geringfügig beschäftigt und bezog ergänzend Arbeitslosengeld II. Sie behauptet, sie hätte im Oktober 2008 unter dem Namen einer Bekannten in einem Dresdner Krankenhaus einen Sohn zur Welt gebracht. Über Weihnachten reiste die Antragstellerin mit dem Baby nach Portugal und kehrte am 04.01.2009 nach Dresden zurück. Die ARGE Dresden lehnte nunmehr die Zahlung von Arbeitslosengeld II ab, weil die Antragstellerin zur Arbeitssuche nach Deutschland gekommen sei. In der Streitigkeit mit der Frau, die „auf dem Papier“ die Mutter des Babys ist, entschied das Jugendamt, dass das Kind vorläufig bei der Antragstellerin bleiben darf. Im Gegenzug verpflichtete sich die Antragstellerin, Deutschland nicht mehr mit dem Kind zu verlassen.

Das SG Dresden verpflichtete die ARGE in einem Eilverfahren zur Zahlung von Arbeitslosengeld II für Mutter und Kind.

Nach Auffassung des Gerichts  spricht viel dafür, dass die Antragstellerin die Mutter des kleinen Babys ist. Die an der Geburt beteiligten Ärzte hätten dies in einem Attest bestätigt. Da die Antragstellerin Deutschland derzeit gar nicht verlassen darf, müsse sie von etwas leben können. Zumindest bis zur Klärung der Mutterschaft müsste die ARGE für ihren Lebensunterhalt aufkommen.

Das Urtei ist nicht rechtskräftig.

Quelle